NEW AMERICAN INDEPENDENT CINEMA

Im Schatten der Riesen tummeln sich Genies

Superheldenfilme sind natürlich ein grosses Geschäft, bei dem viel Geld fliesst, aber ich bin sicher, dass da auch noch Appetit auf was anderes vorhanden ist. David Mackenzie

Wenn die Superproduktionen der grossen amerikanischen Studios Dimensionen an den Grenzen zur Anstandslosigkeit annehmen, müssen wir für die andere Seite des US-Kinos eintreten. Die Qualität des aktuellen amerikanischen Independent Cinema verdient nämlich durchaus unser Interesse, und sei es nur, um daran zu erinnern, dass Uncle Sam mehr als nur masslose Blockbuster zustande bringt.

Bei oft bescheidenen Dimensionen und Mitteln bietet Indie-Kino eine künstlerische Freiheit, wie sie bei den im kreativen Korsett gnadenlos ausgebeuteter Franchisesysteme gefangenen Major-Studios heute undenkbar ist. Die zehn Filme, die wir für Sie ausgewählt haben, widerspiegeln den unglaublichen Reichtum dieses Filmschaffens abseits vorgespurter Bahnen und kommerzieller Kniffe. Darunter finden sich selbstverständlich Figuren, die das unabhängige Kino seit vielen Jahren prägen, wie Charlie Kaufman und Ira Sachs. Dabei sind aber auch junge Regisseure (Barry Jenkins, Ryan Coogler, Jeff Nichols, alle unter 40), die beweisen, dass das Milieu immer noch grosse Talente hervorzubringen vermag. Talente, die Hollywood manchmal unbedingt auf seine Seite ziehen will, wie Ryan Coogler, dem Marvel nach dem Erfolg von «Fruitvale Station» die Regie für einen der nächsten Filme anvertraut hat.

Vom Neo-Western über eine ganze Bandbreite von Dramen, Sinnsuchetrips und Roadmovies bis hin zum urbanen Thriller haben alle der angebotenen Filme etwas gemeinsam: Sie verdanken ihren Erfolg den Festivals, die dafür kämpfen, sie zeigen zu können. Ohne Sundance (ein richtiges Indie-Film-Mekka), Cannes oder Toronto gäbe es kaum einen dieser Filme. Und ohne das Netz unabhängiger Kinos bekämen sie kaum Zugang zu einem breiten Publikum.

Thomas Gerber