Filmreihe
LÉA SEYDOUX *1985
Am 1. Juli wird Léa Seydoux 30, und sie ist eine von 3 Frauen der Filmgeschichte, die je in Cannes die Palme d'Or gewann - ein Ruhmesblatt für sie selber, aber keines für der Welt wichtigstes Filmfestival, was den Umgang mit weiblichen künstlerischen Leistungen betrifft.
Mit der Erwähnung der Palme d'Or 2013 für Léa Seydoux in Abdellatif Kechiches «La vie d'Adèle» - wo Seydoux als Künstlerin Emma für die Schülerin Adèle (Adèle Exarchopoulos) zur Liebe ihres Lebens wird - betritt man ein Minenfeld. Denn weniger die Tatsache, dass die Cannes-Jury 2013 den Hauptpreis erstmals nicht nur an Regie, sondern ex aequo auch an beide Hauptdarstellerinnen vergab, war der Aufreger, sondern, dass wenig später ein hässlicher Streit zwischen Seydoux und Kechiche ausbrach.
Léa Seydoux beschuldigte den Regisseur, sie und ihre Kollegin hätten beim Dreh bis zur totalen Erschöpfung arbeiten müssen - Kechiche gab zurück, Seydoux sei nur eifersüchtig auf ihre zuvor völlig unbekannte Kollegin Adèle E., und sie, Seydoux, mache nur Karriere, weil sie die Enkelin von Jérôme Seydoux sei, dem Chef des französischen Filmkonzerns Pathé. Das ist natürlich Blödsinn und verstellt den Blick auf eine grosse Künstlerin, die, ähnlich wie ihre 10 Jahre ältere Landsfrau Marion Cotillard, eine jener französischen Schauspielerinnen mit Weltgeltung ist, die sowohl "zu Hause" - will heissen: im europäischen (Arthouse-)Kino - wie auch in Hollywood brilliert - letzteres etwa in «Mission: Impossible» oder bald als Bond-Girl in «Spectre», dem nächsten James Bond.
Bei uns wurde Seydoux erstmals 2009 bekannt als Behindertenbetreuerin Maria in Jessica Hausners «Lourdes», in ihrem Heimatland war sie bereits im Jahr zuvor für ihre Hauptrolle in Christophe Honorés «La belle personne» gefeiert worden, einem Kostümfilm mit programmatischem Titel - denn als rätselhafte Schönheit, fähig, in unterschiedlichen Epochen Männern wie Frauen den Kopf zu verdrehen, hat die Blonde mit dem trotzigen Blick seither immer wieder für Furore gesorgt und auch einem der international erfolgreichsten Schweizer Filme der letzten Jahre, Ursula Meiers «Sister», ein Glanzlicht aufgesetzt.
Geri Krebs [Filmkritiker]